Eine Buchidee in Romanen finden und umsetzen

Eine Buchidee in Romanen finden und umsetzen

Romane können eine wunderbare Quelle für eine Buchidee sein. In den Büchern von vielen Autoren findest Du Geschichten oder Anekdoten. Sie dienen häufig dazu, die Handlung eines Buches auszuschmücken. Bei vielen Romanautoren steht auch einfach die reine Lust am Erzählen im Vordergrund, wenn sie immer wieder neue Geschichten erfinden. Eine Vielzahl kleiner Erzählungen findest Du zum Beispiel bei Victor Hugo (1802-1885). Wer die ungekürzten Werke des Franzosen liest, stößt auf zahlreiche interessante Buchideen. Ein Paradebeispiel ist sein umfangreicher, historischer Roman „Die Elenden“. Viele Geschichten, die Hugo in seinem Buch erzählt, spielen für die Haupthandlung nur eine sehr untergeordnete Rolle. In der Vergangenheit führte dies dazu, dass die Herausgeber bei diesem umfangreichen Roman großzügig gekürzt haben.

Roman-Verlag
Romane sind eine Quelle für eine Buchidee, Bild © by Peter Smola / pixelio.de

So fielen seine ausführlichen Beschreibungen des Pariser Kanalsystems häufig den Kürzungen zum Opfer. Gerade diese Passagen bietet eine tolle Buchidee. Hugo erinnert an die Erforschung, Kartographierung und Säuberung der Pariser Kloaken durch den Ingenieur Pierre Emmanuel Bruneseau von 1805 bis 1812. Die Pariser Kloaken werden im Roman wortreich wie folgt beschrieben: „Ein unentwirrbares Labyrinth, die Wände voller Risse und Spalten, von Schluchten durchzogen, Gänge, die ohne Sinn und Verstand auf oder abwärts stiegen, dumpfig, grausig anzusehen, in Dunkel gehüllt, die Fliesen zerbrochen, das Mauerwerk baufällig, so bot sich der ehemalige Untergrund von Paris den Blicken dar. Verzweigungen nach allen Richtungen und Kreuzungen, Sterne, Sackgassen, mit Salpeter überzogene Gewölbe, ekelhafte Abzugslöcher, flechtenartige Ausschwitzungen an den Wänden, Tropfen, die von der Decke herabfielen, Finsterniß; […].“ (Die Elenden, Übersetzung (1910) von Dr. G. A. Volcher)

Sieben Jahre durch die Pariser Kloaken – Was für eine Buchidee!

In einem Zeitraum von sieben Jahren kämpft sich nun Bruneseau mit seinen Mitarbeitern durch dieses unterirdische Labyrinth von Paris. Zu dieser Zeit stecken die Kenntnisse von Desinfektionsmitteln noch in den Kinderschuhen. Immer wieder weigern sich die Mitarbeiter des Ingenieurs weiterzugehen und durch den Unrat zu waten. In diesem Zeitraum stößt die Expedition im Untergrund auf eine Vielzahl von Merkwürdigkeiten. Man findet zum Beispiel direkt unterm Justizpalast Halseisen im Mauerwerk, das Skelett eines Orang-Utans und sogar das Leichentuch von Marat. Weiterhin ist der Untergrund voller Reichtümer, es finden sich Silber, Gold und Edelsteine. Victor Hugo schreibt hierzu: „Ein Riese, der all das Wasser hätte filtriren können, würde sich in den Besitz großen Reichthums aus allen Jahrhunderten gesetzt haben.“ (Quelle: Die Elenden)

Untergrund
Sieben Jahre im Untergrund – Eine tolle Romanidee, Bild © by Harry Hautumm

Während sich der Fokus von Bruneseau auf die Unterwelt richtet, tut sich in dieser Zeit in der Oberwelt sehr viel. Der Krieg tobt über Europa und als die Expedition ihre Arbeit im Jahr 1812 gerade abschließt, erlebt die französische Armee eine Katastrophe in Russland. Was für ein Hintergrund und eine tolle Buchidee für einen historischen Roman, wird nun mancher sagen! Doch auch in anderen Büchern von Vitor Hugo findet man interessante Ideen.

Im Glöckner von Notre Dame ist zum Beispiel immer wieder die Rede von einem Knecht Ruprecht. Der verkleidete Claude Frollo, der nachts den Hauptmann Phoebus verfolgt, wird versehentlich für diese Gestalt gehalten: „Aber diese wandelnde Statue, dieser Stein gewordene Mensch machten ihn [den Hauptmann] starr vor Entsetzen. Es circulirten damals allerlei Geschichten von einem Knecht Ruprecht im Munde der Leute, der nachts in den Straßen von Paris sein Wesen treiben sollte, […].“ (Der Glöckner von Notre Dame, Übersetzung (1884) von Friedrich Bremer) Auch diese kleine Anekdote von Hugo birgt eine Buchidee. Hier kannst Du eine Geschichte über einem mysteriösen Mörder schreiben, der im Jahr 1482 sein Unwesen in den Pariser Straßen treibt.

Eine Buchidee umsetzen

Die Erlebnisse von Bruneseau wurden bisher noch nicht in einem Roman niedergeschrieben, die Geschichte hat scheinbar die Leistungen des französischen Ingenieurs vergessen. Wer über die Expedition recherchiert, hat es nicht einfach. Bruneseau hat in seinem offiziellen Bericht an den Polizeipräsidenten die kuriosen Funde in der Kanalisation verschwiegen. Victor Hugo hat Details über die sieben Jahre im Untergrund von einem Mitarbeiter des Ingenieurs erfahren. Möchtest Du eine solche Buchidee umsetzen, musst Du sicherlich eine Vielzahl von Spezialliteratur zur Pariser Kanalisation lesen. Für die Recherche solltest Du Englisch und Französisch können. Am Ende dürfte ein Roman mit viel künstlicher Freiheit entstehen, der zu einem Teil auf historischen Fakten beruht, da Informationen rar sind.

Wesentlich leichter ist die Buchidee mit Knecht Ruprecht umzusetzen. Es ist nicht klar, ob eine solche mysteriöse Gestalt zumindest im Volksglauben existierte oder ob Hugo diese Figur frei erfunden hat. Wer bei Google nach Knecht Ruprecht (Begleiter vom Nikolaus) sucht, findet alle möglichen Informationen, jedoch nichts zu einem Pariser Mörder aus dem Jahr 1482. Möchtest Du diese Buchidee umsetzen, hast Du alle künstlerische Freiheit der Welt.

Es dürfte nicht schwer sein, eine interessante Idee für ein Buch in einem Roman zu finden. Ein Problem ist die Recherche. Viele Geschichten sind dort nur angedeutet. Viele Dinge über welche zum Beispiel Vitor Hugo oder auch andere Autoren schreiben, sind heute vergessen.

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