Interview mit Barbara Leciejewski: Es ist ein Erfolgserlebnis, den ersten Roman zu beenden

Interview mit Barbara Leciejewski: Es ist ein Erfolgserlebnis, den ersten Roman zu beenden

Autorin Barbara Leciejewski

Barbara Leciejewski wollte schon als Kind Schriftstellerin werden, strebte jedoch zunächst einen „richtigen“ Beruf an und zog fürs Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft nach München. Nach verschiedenen Jobs am Theater und einer Magisterarbeit über Kriminalromane arbeitete Barbara Leciejewski als Synchroncutterin. Die Liebe zum Schreiben ließ sie allerdings nie los. Inzwischen hat sie acht Romane veröffentlicht und ist glücklich in ihrem Traumberuf.  Ihr neuster Roman ist der Spiegel-Besteller „Fritz und Emma“, die Geschichte einer ungelebten Liebe.

Barbara Leciejewski spricht im Interview über ihre ersten veröffentlichten Romane und wie wichtig es ist, ein Buch zu beenden. Sie gibt eine Einschätzung dazu, ob man vom Schreiben leben kann und welche Ziele Autoren haben. Dazu gibt Barbara einen kleinen Ausblick auf ihren kommenden Roman.

Viele Autoren arbeiten sehr lange an ihrem ersten Buch. Wie lange hast Du an deinem ersten Roman „In all den Jahren“ geschrieben?

Etwa ein knappes halbes Jahr.

Im gleichen Jahr (2015) wurde mit „Vergiss nicht, dass wir uns lieben“ ein zweiter Roman von Dir veröffentlicht. Wie gelang es Dir, in kurzer Zeit zwei Bücher zu veröffentlichen?

Das lag daran, dass „In all den Jahren“ genau genommen nicht mein erster Roman war und auf meiner Festplatte schon ein paar Sachen herumlagen, meistens Fragment, aber auch beendete Manuskripte. „Vergiss nicht, dass wir uns lieben“ hatte ich ein paar Jahre zuvor geschrieben, und es war der erste Roman, unter den ich jemals das Wort „Ende“ gesetzt habe. Zu dem Zeitpunkt war ich aber weder mutig noch entschlossen genug, um eine Veröffentlichung anzugehen, obwohl ich die Geschichte richtig gut fand. Es hat mir damals einfach genügt, dieses erste Erfolgserlebnis zu haben: einen Roman mit dem Wort „Ende:“

„In all den Jahren“ ist drei Jahre danach entstanden und war mein vierter zu Ende geschriebener Roman, und diesmal hatte ich das Gefühl: Der muss raus, der muss veröffentlich werden und darf nicht auf der Festplatte vergammeln. Als ich dann meine Agentur gefunden hatte und gefragt wurde, ob ich außer „In all den Jahren“ vielleicht auch noch was anderes hätte, habe ich sofort an das Manuskript von „Vergiss nicht, dass wir uns lieben“ gedacht. Ich hab es gründlich überarbeitet – drei Jahre mehr an Schreiberfahrung machen eine Menge aus –  die Agentur fand es gut und so kam es, dass die beiden Romane praktisch zeitgleich, aber in verschiedenen Verlagen veröffentlicht wurden.

Du schreibst Liebesromane. Könnest Du Dir vorstellen, auch ein anderes Genre zu schreiben und darin zu veröffentlichen?

Fritz und Emma

Meine Romane bewegen sich ja ohnehin immer ein bisschen am Rande des Genres und reichen teilweise in benachbarte Genres hinein. Wenn es zwei Zeitebenen gibt, kratzen sie sogar ein klein wenig am historischen Genre. Aber ja, Liebe ist die wichtigste Komponente in meinen Romanen und wird es wahrscheinlich auch bleiben.

Davon abgesehen würde es mich sehr reizen, einmal in dem Genre zu schreiben, das ich selbst am liebsten lese: Krimis. Allerdings gibt es schon so unendlich viele (gute) Krimis und Thriller, dass mir da schon eine unwiderstehlich geniale Idee in den Kopf schießen müsste, um den Wunsch in die Tat umzusetzen. Aber man weiß ja nie.

Hast Du literarische Vorbilder?

Nein. Es gibt natürlich viele Schriftsteller, die ich bewundere, in jüngster Zeit zum Beispiel und an allererster Stelle Joachim Meyerhoff, der in seinen Romanen alles vereint, was für mich gutes Schreiben ausmacht. Oder Juli Zeh, über die man gar nichts mehr sagen muss, die einfach toll ist. Und viele andere. Aber als Vorbilder, in dem Sinne, dass ich so sein oder vielmehr so schreiben möchte wie sie, würde ich sie nicht bezeichnen. Meiner Meinung nach ist es wichtig, seinen eigenen Weg zu gehen, den eigenen, unverfälschten Stil zu finden, und der beruht nicht zuletzt auf der eigenen Persönlichkeit.

Viele Autoren träumen davon, vom Schreiben zu leben. Wie realistisch ist ein solcher Traum?

Betrachtet man sich Statistiken und die Zahlen der Künstlersozialkasse ist er komplett unrealistisch. Andererseits, was sagen Statistiken über den Einzelfall aus? Immerhin gibt es ja doch ein paar Autoren, die es geschafft haben.

Aber ich muss sagen, eigentlich bin ich ziemlich sicher, dass dieser Traum für die allermeisten Autoren im Grunde zweitrangig ist. Es gibt genügend kleine „Träume“ oder sagen wir eher Ziele, die man auf dem Weg zum Schriftsteller vor Augen hat und auf die man hinarbeitet. Einen Agenten finden, einen Verlag finden, das erste Buch veröffentlichen, womöglich sogar in einem Publikumsverlag, die ersten positiven Rückmeldungen und Leserstimmen – das sind alles Dinge, die einen viel mehr beschäftigen und die einen, wenn man sie erreicht, ganz und gar erfüllen.

Und bei gestandenen Autoren, die schon ein paar Bücher herausgebracht haben, ist das nicht viel anders. Man konzentriert seine ganze Energie auf das, was unmittelbar vor einem liegt: das nächste Schreibprojekt, das gut werden und die Leser begeistern soll. Und natürlich freut man sich, wenn sich ein Erfolg einstellt, aber dann fängt man wieder von vorn an. Und immer so weiter. Der Traum vom Schreiben leben zu können, spielt da eine eher untergeordnete Rolle. Wenn es passiert, passiert es, und wenn nicht, schreibt man trotzdem weiter.

Welchen besonderen Tipp würdest Du Autoren geben, die an ihrem ersten Roman arbeiten?

Schreib den Roman unter allen Umständen fertig und lass dir damit nicht zu viel Zeit, setz dir ein Limit und halte dich daran (Durchhaltevermögen und Selbstdisziplin sind nun mal Grundvoraussetzungen). Wenn der Roman fertig ist, lass die Korken knallen und genieße das Gefühl, es geschafft zu haben, ganz egal, wie gut oder wie schlecht das Ergebnis ist.

Fang am nächsten Tag an zu überarbeiten. (Die meisten anderen Autoren und Schreibratgeber sagen: Lass es mal ein paar Wochen liegen. Aber ich bin da anders und sage: dranbleiben oder vielmehr: drinbleiben, in der Geschichte nämlich.) Steck deine ganze Energie in die Überarbeitung, überarbeiten ist wichtiger als alles andere und man macht die Erfahrung, wie sehr sich ein Text verändern kann.

Und noch ein Tipp: Lies dir beim Überarbeiten jeden einzelnen Satz, jeden Abschnitt immer laut vor, nicht im Kopf lesen, sondern wirklich aussprechen, was da steht

Verrätst Du uns, woran Du aktuell schreibst?

Ich darf, glaub ich, noch gar nicht so viel über meinen nächsten Roman verraten. Aber ein kleines bisschen vorab als Teaser:

Es geht wieder ganz viel um Liebe: um verlorene Liebe, unerfüllte Liebe, endlose Liebe (die sich übrigens auch im Titel wiederfindet), neu erwachende Liebe, aber auch um die Liebe zwischen Mutter und Sohn, Vater und Tochter und zwischen Freunden. Und es geht um Identität, um Familie, um Dinge im Leben, die uns schon in der Kindheit formen und für immer ihren Abdruck hinterlassen. Wie geht man mit dem ganzen Gepäck, das einem das Leben aufbürdet, um? Diesen Fragen, denen sie so lange ausgewichen ist, muss sich meine Protagonistin stellen, als sie ihre Wohnung verliert und in einer sehr speziellen WG landet, bestehend aus vier sehr speziellen, älteren Menschen. Und nebenan wohnt noch ein ganz spezieller Mann …

Die Handlung spielt diesmal wieder in München. Und wie immer darf gelacht und geweint werden. Ich freue mich jetzt schon darauf.

Fazit zum Interview mit Barbara Leciejewski

Barbara Leciejewski rät angehenden Autoren, ihren Roman auf jeden Fall zu Ende zu schreiben. Setze Dir hierzu ein Zeitlimit und halte Dich daran. Es ist ein großes Erfolgserlebnis, das Wort „Ende“ unter ein Buch zu setzen. Nach den letzten Zeilen solltest Du bereits am nächsten Tag mit der Überarbeitung des Manuskripts anfangen, um dranzubleiben. Lies deine Sätze beim Überarbeiten laut vor.

Es ist gut, literarische Vorbilder zu haben und einzelne Autoren zu schätzen, am Ende muss jeder Schriftsteller seinen eigenen Stil finden. Es ist schwierig, vom Schreiben zu leben, dies sollte jedoch nicht das primäre Ziel für Autoren sein. Jeder Schriftsteller sollte daran arbeiten, „kleine Träume“ wie die Veröffentlichung des Romans oder positive Leserstimmen zu haben.

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