KI wie ChatGPT wird mit einer Vielzahl von Inhalten trainiert, hierzu gehören auch literarische Texte. Bei der Lernfähigkeit von Künstlicher Intelligenz haben Autoren die Befürchtung, das KI eines Tages den Schreibstil von Schriftstellern imitieren kann und eigenständig Roman schreibt. Wir haben getestet, wie gut ChatGPT den Stil von bekannten Schriftstellern imitieren kann.

Künstliche Intelligenz wurde mit einer Vielzahl von Texten trainiert, hierzu gehören auch Romane verschiedener Schriftsteller. Anhand der literarischen Texte lernt die KI die Schreibweise eines Autors und kann dessen individuellen Stil imitieren. Diese Lernfähigkeit von Künstlicher Intelligenz macht vielen Schriftstellern Angst. Können KI-Module in Zukunft ganze Romane in einem beliebigen Stil schreiben? Werden Autoren in Zukunft arbeitslos?

In diesem Beitrag gehen wir der Frage nach, wie gut ChatGPT bereits heute den Schreibstil bekannter Autoren imitieren kann. Hierzu haben wir die deutschsprachigen Autoren Karl May und Franz Kafka mit ihren markanten Schreibstil gewählt. Texte von May und Kafka, die heute gemeinfrei sind, gehörten zum Trainingsmaterial von ChatGPT. Dazu wollten wir wissen, wie gut die Künstliche Intelligenz aktuell literarische Texte beherrscht. Hier haben wir uns für die Heftreihe von Perry Rhodan entschieden. Wie geht KI mit Texten um, die von einen Autorenkollektiv geschrieben wurden.

ChatGPT – Old Shatterhand in der Er-Perspektive

Der Schreibstil von Karl May zeichnet sich durch seine Ich-Perspektive aus. Typisch für den Autor sind die immer gleichen Handlungsabläufe und zahlreiche Landschaftsbeschreibung. Bei Romananfängen steigt May selten direkt in die Handlung ein, sondern viele Bücher beginnen mit einleitenden Bemerkungen über den Wilden Westen. Winnetou I beginnt mit einer Abhandlung über das Greenhorn. In Satan und Ischariot I geht es am Anfang um den langweiligsten Ort der Erde, der nach Auffassung von May in Mexiko liegt.

Wir haben ChatGPT einen Romananfang im Stil von Karl May schreiben lassen. Die KI beginnt mit einer Landschaftsbeschreibung des Wilden Westen und steigt dann in die Handlung ein, es fehlen jedoch die typischen einleitenden Bemerkungen. Dazu ist der von der KI generierte Text in der Er-Perspektive, was für die Western-Romane von Karl May völlig untypisch ist.

Das ChatGPT den Roman im Stil von Karl May nicht mit einleitenden Bemerkungen beginnt, überrascht nicht, da es sich um eine spezielle Eigenheit des Autors handelt. Das KI jedoch nicht in der Ich-Perspektive schreibt, was typisch für May ist, enttäuscht. Schauen wir uns den Text etwas näher an.

ChatGPT vermischt verschiedene Elemente aus Karl May Romanen

Wenn die KI aufgefordert wird, den Schreibstil von May zu imitieren, erfindet sie keine eigenen Figuren, sondern greift auf bekannte Elemente zurück. Beim Romananfang tritt Old Shatterhand auf eine Figur mit den Namen „El Diablo“, der ihm ein Angebot machen kann. Dazu haben wir ChatGPT aufgefordert, die erste Version in der Er-Form in die Ich-Form umzuschreiben. Die Beschreibung des geheimnisvollen Fremden passt durchaus zur Karl May, der viele originelle Figuren erschaffen hat.

„Langsam näherte sich ein Reiter aus den Tiefen der Prärie. Sein schwarzer Hut und sein dunkler Umhang verliehen ihm eine undurchdringliche Aura. […].Der Fremde hielt sein Pferd an und fixierte mich mit seinen geheimnisvollen Augen. Seine Lippen verzogen sich zu einem lässigen Lächeln, doch ich spürte die unheilvolle Bedrohung, die von ihm ausging.“ (Quelle: ChatGPT)

Diese Beschreibung ist gelungen, zugleich leistet sich ChatGPT einen dicken Schnitzer und nennt das Pferd von Old Shatterhand nach dem Begleiter von Kara Ben Nemsi. So heißt es am Anfang: „Ich saß auf meinem treuen Schimmel Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah und betrachtete den weiten Horizont des Wilden Westens.“ (Quelle: ChatGPT) Hier werden Elemente aus den Western- und Orientromanen unpassend vermischt. Dieser Fehler dürfte jeden Karl May Fan schmerzen.

Wir ließen die KI mehrere Beispiele im Stil von Karl May schreiben. In den Texten der KI tauchte immer wieder die Figur des einsamen Reiter wieder. Der Lone Rider findet sich immer wieder in amerikanischen Western. Seinen Ursprung hat die Figur in einem US-Western aus dem Jahr 1930. Die Figur passt jedoch nicht zu den Romanen von Karl May.

Franz Kafka – ChatGPT lässt Josef in eine andere Dimension reisen

Lässt man ChatGPT einen Text im Sinne von Franz Kafka schreiben, trifft die KI in den meisten Fällen die typische personale Erzählperspektive des Autors. In einigen Fällen schreibt ChatGPT auch in der Ich-Perspektive. Fordert man das KI-Modul auf im Stile von Franz Kafka zu schreiben, geht es häufig um Ungeziefer und Käfer. Die Künstliche Intelligenz greift auf Inhalte aus „Die Verwandlung“ zurück und schreibt auf dieser Grundlage im Stile von Kafka. Während man die Karl May Texte wohlwollend noch als Fan Fiction betrachten könnte, lesen sich die Texte im Stile von Kafka wie ein Plagiat.

Fordert man die KI auf, eine eigenständige Geschichte im Stil von Kafka zu schreiben, geht es um typische Themen des Autors. Es geht um die Monotonie der Arbeit. Bürokratie oder Entfremdung des Menschen. In einer eigenständigen Geschichte von ChatGPT geht es um Josef, der einem langweiligen Job in einem riesigen Bürogebäude nachgeht. Josef erkennt auf seinem Schreibtisch Risse, die jeden Tag zunehmen. Er folgt diesen Linien und gelangt zu einem geheimnisvollen Portal mit einem alten Mann.

So schreibt GPT: „Inmitten des Raumes stand ein alter Mann, der mit einem düsteren Lächeln auf Josef wartete. Der Mann erklärte, dass die Risse in der Tischplatte ein Portal in eine andere Dimension seien, die nur von wenigen Auserwählten gesehen werden konnte.“ (Quelle: ChatGPT) Dies erinnert etwas an den Torwächter bei Kafka, doch in der Geschichte der KI reist Josef in eine andere Dimension und erkennt, dass die Welt eine Illusion ist. Dies ist ganz untypisch für Kafka, Reisen in andere Dimensionen finden sich beim Autor nicht. Wenn es um eigene Geschichten geht, zeigt sich ChatGPT bei Kafka kreativer als bei May.

Immer wieder Perry

Abschließend haben wir getestet, wie gut die KI den Schreibstil von aktuellen literarischen Texten wiedergibt. Hierzu haben wir die Heftromane von Perry Rhodan ausgewählt. Seit 1961 erscheint jeder Woche ein Heft der Space Opera, die Serie wird bis heute fortgeführt. In allen den Jahren ist rund um Perry Rhodan ein ganzes Universum entstanden. Wie gut kann ChatGPT den Schreibstil einer umfangreichen Heftreihe wiedergeben, die dazu von einem Autorenkollektiv geschrieben wurde.

Soll ChatGPT eine Geschichte im Stil der Heftreihe schreiben, finden sich dort zentrale Figuren wie Perry Rhodan, Atlan oder Gucky. Weiterhin tauchen Raumschiffe wie die Stardust oder Durus auf. Die KI erfindet daneben eigene Alienrasse und Sonnensystem, dabei ist die Namenswahl wie beim Sonnensystem von Avalon nicht immer gelungen. ChatGPT schreibt auf Aufforderung Texte mit eigenen Figuren. Auf den Vornamen Perry möchte die KI offenbar nicht verzichten. In drei Geschichten hießen die Kommandanten der Raumschiffe Perry Trask, Perry Arkan  und Perry Valiant.

Die Handlungsstränge gleichen sich in allen Geschichten von ChatGPT. Zu Beginn befinden sich Kommandant Perry und seine Crew in einem Raumschiffe zu einem Planeten, hier treffen sie auf ein Problem und einen Gegner. Perry kann den Gegner in einem Zweikampf besiegen. Am Ende der Geschichte wird erwähnt, dass weitere Abenteuer auf die Crew des Raumschiffes warten, was zu einer Heft-Reihe passt. Die Texte von ChatGPT im Perry Rhodan Universum erinnern stark an Fan Fiction.

ChatGPT mit Licht und Schatten

ChatGPT kann aktuell noch nicht den Stil von bekannten Autoren wiedergeben, auch wenn die KI bereits Ansätze zeigt. Bei der Imitation des Schreibstils von Karl May finden sich die typischen Landschaftsbeschreibungen und seine markanten Figuren. ChatGPT kennt die typischen literarischen Themen von Kafka. Bei Perry Rhodan zeigt sich die KI erfinderisch, wenn es um die Erfindung von Alienrassen geht.

Dazu leistet sich die KI auch manchen Schnitzer. So heißt der Schimmel von Old Shatterhand Hadschi Halef Omar, bei Kafka reisen Figuren durch andere Dimension und bei der SF-Reihe des Pabel-Moewig Verlags heißen alle Kommandanten Perry. Bei all diesen Schwächen, darf man nicht übersehen, dass die Entwicklung der KI noch ganz am Anfang steht.

Bei der Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz zu diesem Beitrag, sind wir auf viele interessante Aspekte gestoßen. Wie oft man ChatGPT auch aufgefordert hat, den Schreibstil eines Autors zu imitieren: Es entstanden immer wieder neue Texte und die Ergebnisse ließen sich nie hervorsehen. Umso mehr Text man die KI schreiben lässt, umso mehr tritt das Gefühl ein, nur die Spitze des Eisberges zu sehen. Es lässt sich erahnen, welche Vielfalt an verschiedenen Texten das KI-Modul generieren kann.

Fazit des Buchinsiders: Kann KI Schreibstile von Autoren imitieren?

Aktuell müssen Autoren nicht befürchten, dass KI  ihnen die Arbeit wegnimmt und Romane in ihrem Schreibstil verfasst. Dazu darf man nicht übersehen, dass Künstliche Intelligenz ausschließlich mit gemeinfreien Texten oder frei zugänglichen Inhalten wie Klappentexten trainiert wird. Wie sich die Fähigkeiten von KI in den kommenden Jahren entwickeln, muss man abwarten.