Romananfang schreiben – So fesselst Du deine Leser auf den ersten Seiten

Romananfang schreiben – So fesselst Du deine Leser auf den ersten Seiten

Es ist schwierig, einen guten Romananfang zu schreiben. Zugleich ist ein fesselnder Buchanfang wichtig. Nur so überzeugst Du einen Verlag, dein Buch zu veröffentlicht und bewegst die Leser zum Kauf. Bestimmte Romananfänge haben sich bewährt. Wir stellen sechs erprobte Rezepte für einen fesselnden Romananfang vor.

Ein guter Romananfang ist wichtig, Mit einem guten Buchanfang überzeugst Du einen Verlag, deinen Roman zu veröffentlichen. Wenn der Leser später in der Buchhandlung zu deinem Werk greift, schlägt er im Regelfall die ersten Seiten auf. Überzeugen die ersten Zeilen oder ist dein Buchanfang nichtssagend? Fühlt sich der Leser nicht angesprochen, legt er das Buch schnell weg und greift zu einem anderen Titel. Ein guter Romananfang ist ohne Zweifel das A und O.

Romanfang
Fessele den Leser mit einem guten Romananfang

In diesem Beitrag stellen wir Dir Romananfänge vor, die sich bewährt haben. Die aufgeführten Möglichkeiten ein Buch anzufangen, findest Du häufig in der Literatur. Jeder, der an einem Buch schreibt, sollte diese Romananfänge kennen.  Selbst wenn dein Buch fertig ist, kann es Sinn machen, den Anfang zu überarbeiten. Gerade, wenn dein Manuskript mehrere Absagen von Verlagen erhalten hat, kann die Überarbeitung deines Romananfangs wahre Wunder bewirken.

Hauptcharakter und Schauplatz vorstellen

Zu Beginn deines Romans kannst Du den Leser deine Hauptfigur und den Schauplatz vorstellen. Zahlreiche Schriftsteller haben ihr Buch so begonnen. Du solltest den Leser am Anfang nicht mit Informationen überschütten. Ein schönes Beispiel für einen Romananfang, wo Hauptcharakter und Schauplatz angedeutet werden, ist Don Quijote:

„An einem Ort der Mancha, an dessen Namen ich mich nicht erinnern will, lebte vor nicht langer Zeit ein Junker, einer von jenen, die einen Speer im Lanzengestell, eine alte Tartsche, einen hagern Gaul und einen Windhund zum Jagen haben.“ (Don Quijote, Miguel de Cervantes)

Cervantes skizziert die Hauptfigur seines Romans in den ersten Zeilen und benennt den Schauplatz (Ort der Mancha) grob. Das erste Kapitel dient der Beschreibung von Don Quijote. Nun könnte man einwenden, der Roman von Cervantes ist aus dem Jahr 1605. Ist es heute noch üblich, eine Figur über ein ganzes Kapitel einzuführen? Moderne Autoren kommen im Regelfall früher zum Punkt. Patrick Süskind führt Grenouille mit dem Schauplatz Frankreich auf einer halben Seite ein. Was den Romananfang betrifft, geht er wie Cervantes vor:

„Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte.“ (Das Parfüm, Patrick Süskind). 

Zentralen Konflikt zum Romananfang anreißen

Eine weitere Möglichkeit für einen Buchanfang ist es, den zentralen Konflikt anzusprechen. Auch hier solltest Du wie beim Charakter Andeutungen machen und nicht zu viel verraten. Ein solcher Romananfang macht Sinn, wenn in deinem Buch nicht ein einzelner Charakter, sondern der Konflikt im Vordergrund steht. Ein Beispiel ist die Pest von Camus. Auf den ersten drei Seiten wird kein Charakter erwähnt, nur die seltsamen Ereignisse und die Stadt Oran spielen eine Rolle.

„Die seltsamen Ereignisse, denen diese Chronik gewidmet ist, haben sich 194. in Oran abgespielt. Man war allgemein der Ansicht, sie gehörten ihres etwas ungewöhnlichen Charakters wegen nicht dorthin.“ (Die Pest, Albert Camus)

Camus deutet in  den ersten Zeilen den Hauptkonflikt vage an, zugleich heißt es, dass es sich um einen ungewöhnlichen Vorfall handelt. Auf den nächsten Seiten des Romans wird der Hauptkonflikt durch Andeutungen (tote Ratten) immer weiter konkretisiert. Der Leser erahnt aufgrund des Titels, welche Tragödie auf Oran zukommt.

Leser mitten in die Handlung werfen

Am Romananfang kannst Du deinen Leser auch mitten in die Handlung werfen. Es hat seine Vorteile in medias res zu starten. Der Leser befindet sich sofort am Schauplatz deines Romans und mitten im Konflikt. Ein Beispiel ist der bekannte Antikriegsroman von Remarque, der Leser wird ab der ersten Zeile in die Wirren des 1. Weltkriegs gerissen.

„Wir liegen neun Kilometer hinter der Front. Gestern wurden wir abgelöst; jetzt haben wir den Magen voll weißer Bohnen mit Rindfleisch und sind statt und zufrieden. Sogar für abends hat jeder noch ein Kochgeschirr voll fassen können, dazu gibt es außerdem doppelte Wurst- und Brotportionen – das schafft.“ (Im Westen nichts Neues, Erich Maria Remarque)

Romananfang in medias res
Remarque wirft den Leser mitten in die Handlung

Im ersten Moment ist dem Leser nicht klar, was geschehen ist. Warum sind die Soldaten so satt und zufrieden? Bald wird klar, die Kompanie hat vor Tagen die Hälfte der Männer verloren und es wurden einfach zu viele Lebensmittel geliefert. Bei Remarque befindet sich der Leser von den ersten Zeilen bis zum Ende mitten im Geschehen.

Alltag gerät am Romananfang aus den Fugen

In vielen Romanen gerät der Alltag des Hauptcharakters aus den Fugen. Eine Möglichkeit besteht darin, direkt mit dem ungewöhnlichen Ereignis zu beginnen. Der Konflikt wird angesprochen und der Leser direkt in die Handlung geworfen. Ein Beispiel für einen solchen Buchanfang findet sich bei Kafka.

„Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet. Die Köchin der Frau Grubach, seiner Zimmervermieterin, die jeden Tag gegen acht Uhr früh das Frühstück brachte, kam diesmal nicht.“ (Der Proceß, Franz Kafka) 

Gleich im ersten Satz gerät der Alltag und die Welt des Josef K. aus den Fugen. Dieses ungewöhnliche Ereignis deutet sich bereits dadurch an, dass die Köchin der Hauptfigur kein Frühstück („Das war noch niemals gesehen“) bringt. Auf den nächsten Seiten von Kafkas Roman bleibt alles vage, doch dem Leser ist klar, dass etwas ungewöhnliches passiert und er möchte weiterlesen.

Emotionen am Buchanfang wecken

Eine weitere Möglichkeit für einen Romananfang ist es, beim Leser Emotionen zu wecken und so zum Weiterlesen zu bewegen. Einen solchen Anfang findest Du in der Literatur nicht so häufig, wie die bisher vorgestellten Möglichkeiten. Ein Beispiel gibt es bei Camus. Bei seinem Roman „Der Fremde“ geht es in den ersten Zeilen um den Tod der Mutter:

„Heute ist Mama gestorben. Vielleicht auch gestern, ich weiß es nicht. Ich habe ein Telegramm vom Heim bekommen: «Mutter verstorben. Beisetzung morgen. Hochachtungsvoll.» Das will nichts heißen. Es war vielleicht gestern.“ (Der Fremde, Albert Camus)

Nach den ersten Zeilen beschreibt Camus die beschwerliche Anreise zum Altersheim in Marengo. Die Hauptfigur muss bei Hitze mit dem Bus reisen. Die Abreise aus Algier erfolgt überhastet, der Hauptcharakter bekommt nur mit Mühe zwei Tage Urlaub für die Totenwache. Der Anfang soll beim Leser Mitleid erregen. Ein solcher Romananfang ist nicht unproblematisch, es ist nicht gewährleistet, dass Leser bei der heutigen Reizüberflutung die gewünschten Emotionen empfindet.

In die richtige Lesestimmung versetzen

Du kannst den Leser am Romananfang in die richtige Stimmung versetzen. Wähle am Anfang des Buches klangvolle Worte, so dass er in jeden Fall weiterlesen möchte. Ein solcher Anfang ist schwierig. Einer der schönsten Romananfänge in der Weltliteratur kommt von keinem geringeren als Charles Dickens:

„Es war die beste und die schönste Zeit, ein Jahrhundert der Weisheit und des Unsinns, eine Epoche des Glaubens und des Unglaubens, eine Periode des Lichts und der Finsternis. Es war der Frühling der Hoffnung und der Winter des Verzweifelns. Wir hatten alles, wir hatten nichts vor uns; […].“ (Eine Geschichte von zwei Städten, Charles Dickens)

Buchanfang Dickens
Ein meisterhafter Buchanfang von Dickens

Der Buchanfang ist berühmt und klingt im englischen Original noch schöner. Nach diesen Zeilen hast Du sicherlich Lust weiterzulesen. Ein solcher Anfang ist muss sehr gut formuliert sein, sonst erfüllt er beim Leser nicht die gewünschte Wirkung. Diese Romananfänge findest Du in der Literatur selten, da wenige Schriftsteller die Gabe haben, den Leser mit schönen Worten zu fesseln.

Gibt es bei Romananfängen ein No-Go?

Gibt es Buchanfänge, die Du bei deinem Roman in jeden Fall vermeiden solltest? In Ratgebern werden immer wieder No-Gos genannt, wie man ein Buch auf gar keinen Fall beginnen soll. So sollst Du nicht mit dem Wetter beginnen. Offenbar wusste dies John Steinbeck nicht, er beginnt bei den Früchten des Zorns eben mit dem Wetter

„Über das rote Land und einen Teil des grauen Landes von Oklahoma fiel sanft der letzte Regen, aber er schnitt nicht in die rissige Erde ein. Die Pflüge kreuzten wieder und immer wieder die kleinen Furchen der Bäche.“ (Früchte des Zorns, John Steinbeck)

Die Beschreibung des Wetters zieht sich über mehr als zwei Seiten hin. Noch weniger Ahnung schien Franz Kafka zu haben. Schließlich soll man einen Roman nie mit dem Erwachen der Hauptfigur beginnen. Was hat sich der Autor nur bei der Verwandlung gedacht.

„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in einem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.“ (Die Verwandlung, Franz Kafka)

Natürlich wussten Steinbeck und Kafka ganz genau, was sie taten. Sie verfolgen mit den Romananfängen einen ganz bestimmten Zweck. Bei Steinbeck geht es um die Dürre in Oklahoma und Kafka beschreibt eine unerklärliche Verwandlung über Nacht. Hier sollte es keine Verbote beim Schreiben geben. Es gibt nur einen Fehler, welchen Du am Romananfang vermeiden solltest. Verwirre deinen Leser zu Beginn nicht mit Unmengen an Informationen, erleichtere ihm den Einstieg in deinen Roman. Setze vielmehr auf bewährte und zeitlose Romananfänge, wie man sie von Cervantes bis Süskind aus der Literatur kennt.

Fazit des Buchinsiders: Wie schreibt man einen guten Romananfang?

Ein guter Buchanfang  ist das A und O. Nur so kannst Du Verlagslektor und später den Leser überzeugen. Bestimmte Romananfänge haben sich bewährt und finden sich immer wieder in der Literatur.

  • Hauptcharakter und Schauplatz vorstellen: Zu Beginn deines Romans kannst Du Hauptfigur und Schauplatz deines Buches andeuten. Bleibe bei der Beschreibung vage und mache den Leser neugierig.
  • Zentraler Konflikt: Steht in deinem Buch kein Hauptcharakter im Mittelpunkt, hat es sich bewährt, den zentralen Konflikt des Romans am Anfang anzudeuten und dem Leser im weiteren Verlauf mehr zu verraten.
  • Mitten in die Handlung werfen: Den Leser in medias res zu werfen hat sich als Buchanfang vielfach bewährt. Der Leser befindet sich sofort mitten im Konflikt und am Schauplatz deines Romans.
  • Hauptfigur aus Alltag reißen: Eine Möglichkeit ein Buch anzufangen, besteht darin, die Hauptfigur durch ein Ereignis aus dem Alltag zu reißen. Betonte die Ungewöhnlichkeit des Ereignisses, um den Leser neugierig zu machen.
  • Emotionen wecken: Weckst Du bei deinem Leser am Romanfang Emotionen wie Mitleid, ist er geneigt weiterzulesen. Ein solcher Buchanfang tritt selten auf, da es schwer ist, beim Leser die gewünschten Emotionen zu wecken.
  • Leser in Stimmung versetzen: Versetze deine Leserschaft am Anfang deines Werkes mit schönen Worten in die richtige Lesestimmung. Ein wohlklingender Romananfang regt zum Weiterlesen an, ist jedoch schwer zu schreiben.

Gibt es bei den Romananfängen No-Gos? Schreibratgeber warnen vor bestimmten Anfängen, doch selbst diese Buchanfänge finden sich in der Weltliteratur. Hier sollte es keine Verbote geben. Nur einen Fehler solltest Du vermeiden: Verwirre deine Leser am Romanfang nicht mit zu vielen Details und Informationen.

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